Testbericht des Sony FE 20-70mm F4 G

Standardzoom mit 20mm Weitwinkel für die Vollformatkameras von Sony

Standardzooms sind für viele Fotografen nach wie vor wichtig. Damit ist man in der Lage, viele Aufnahmesituationen ohne einen Objektivwechsel abzudecken. Während die Brennweiten früher vor allem Richtung Telebereich deutlich ausgeweitet wurden, geht der Trend mittlerweile auch in die andere Richtung. Das neue Sony FE 20-70mm F4 G bringt neben klassischen 70mm sehr weitwinkelige 20mm mit. Wir haben das neue Zoom mit E-Bajonett bereits unter die Lupe nehmen können.

Technische Daten, Verarbeitung und Handhabung:
Das Sony FE 20-70mm F4 G ist ein für DSLMs mit Vollformatsensoren konstruiertes Standardzoom mit einem vergleichsweise großen Weitwinkelbereich von 20mm. Üblicherweise verfügen Standardzooms am kurzen Ende über eine Brennweite von 24mm, kompaktere Modelle oder Objektive beginnen meistens erst bei 28mm. Das Sony FE 20-70mm F4 G vereint erstaunlicherweise beide Vorteile: Zum einen deckt es einen größeren Weitwinkelbereich ab, zum anderen fällt es mit Abmessungen von 7,8 x 9,9cm nicht besonders groß aus. Auf die Waage bringt das 3,5-fach-Zoom zudem nur 488g.

Das FE 20-70mm F4 G gehört zu den kompakteren Standardzooms:

Zum Vergleich: Das Sony FE 24-105mm F4 G ist sowohl deutlich größer (8,3 x 11,3cm) als auch schwerer (663g), das Sony Zeiss Vario-Tessar T* 24-70mm F4 ZA OSS nur etwas kompakter (7,3 x 9,5cm) und leichter (426g). Dies zeigt, dass bei der Konstruktion von Objektiven in der letzten Zeit deutliche Fortschritte gemacht wurden. Noch vor einigen Jahren waren derartige Brennweitenbereiche nicht oder nur mit anderweitigen Nachteilen möglich.

FE 20-70mm F4 G bei 20mm (links), bei 70mm (Mitte) & FE 24-105mm F4 G OSS bei 24mm (rechts):

Natürlich kann ein kompaktes Objektiv mit diesem Brennweitenbereich nicht über eine besonders hohe Lichtstärke verfügen, mit F4 besitzt das Sony FE 20-70mm F4 G eine durchschnittlich große Blendenöffnung. Damit kommt man bei guten Lichtverhältnissen sehr gut aus, bei nicht ganz optimalen Lichtverhältnissen ergeben sich wegen der sehr guten High-ISO-Fähigkeiten der Sony-DSLMs noch keine größeren Probleme.

Aber werfen wir noch einmal einen Blick auf das Gehäuse: Das Äußere des 3,5-fach-Zooms besteht aus dem von anderen Sony-Objektiven bekannten hochwertigen Kunststoff, das Bajonett sowie der vordere Objektivteil sind zudem aus Metall gefertigt. Beim Filtergewinde mit 72mm Durchmesser setzt Sony dagegen wieder auf Kunststoff.

Filter lassen sich in einem 72mm großen Gewinde einschrauben:

Die Abdichtungen des Sony FE 20-70mm F4 G schützen vor Staub und Feuchtigkeit, am Bajonett findet sich die übliche Gummilippe. Am kompaktesten ist das Objektiv bei 20mm Brennweite, beim Zoomen zum Teleende fährt der Tubus deutlich heraus. Das ist für Objektive dieses Typ jedoch normal und stört nicht weiter. Das eigenständige Herausfahren des Tubus beim Halten des Objektivs nach unten (auch Zoom Creep genannt) konnten wir nicht feststellen.

Das Bajonett besteht aus Metall, eine Gummilippe sorgt für die notwendige Abdichtung:

An Bedienelementen hat Sony wie bei allen zuletzt vorgestellten, höherwertigen Objektiven (also der G- oder der G Master-Serie) nicht gespart. Zur Wahl der Brennweite gibt es einen Zoomring, zum Fokussieren einen Fokusring und zum Verändern der Blende einen Blendenring. Während erstere beiden Ringe jeweils ausreichend breit ausfallen und gummiert sind, hat sich Sony beim Blendenring für eine schmale Kunststoffkonstruktion entscheiden. Dadurch rutscht man beim deutlich leichter als bei den anderen beiden Ringen ab.

Zu den Bedienelementen gehören mehrere Einstellringe, Schalter und Tasten:

Einstellen kann man die Blende von F4 bis F22 in den üblichen Drittelstufen, das Drehen des Rings ist mit oder ohne Rastungen (Wahl via Schalter) möglich. Dadurch kommen auch Filmer auf ihre Kosten, denn die Blende lässt sich geräuschlos und sehr „weich“ einstellen. Fotografen bevorzugen dagegen die Wahl mit Rastungen. Wer die Blende über die Kamera verändern möchte, kann das natürlich auch, dafür gibt es die „A“-Position. Zudem lässt sich der Blendenring mit dem „Iris Lock“-Schalter gegen unabsichtliche Veränderungen sperren. Zu den weiteren Bedienelementen gehören ein AF/MF-Schalter und zwei Fokus-Halten-Tasten. Letztere sind wie üblich über das Kameramenü konfigurierbar.

Beim Blendenring kann man sich zwischen dem freien Drehen und Rastungen entscheiden:

Dass ein Objektiv wie das Sony FE 20-70mm F4 G optisch alles andere als einfach zu konstruieren ist, zeigt der optische Aufbau des Zooms. Hier nutzt Sony 16 Linsen in 13 Gruppen, gleich sieben Elemente bestehen aus speziellen Linsenformen oder Glassorten. Dabei handelt es sich um zwei „Advanced Aspherical“-Linsen (AA), drei „Extra Low Dispersion“-Linsen (ED), eine asphärische Linse und eine asphärische ED-Linse. Damit lassen sich chromatische Aberrationen und andere Abbildungsfehler trotz der kurzen Brennweite deutlich reduzieren.

Auf einen Bildstabilisator muss man beim Sony FE 20-70mm F4 G dagegen verzichten, dieser hätte das Objektiv unweigerlich größer gemacht. Da mittlerweile alle neuen Vollformat-DSLMs von Sony einen eigenen SteadyShot mitbringen, ergeben sich allerdings keine Probleme. Allein Besitzer der ersten Alpha-7-Kameras werden mit dem Sony FE 20-70mm F4 G mangels Stabilisator kaum glücklich werden. Bei einem Standardzoom ist die Stabilisierung unserer Meinung nach heutzutage eigentlich Pflicht.

Vergleich der Bildwinkel bei Objektiven mit 20mm und 24mm Brennweite:

Noch ein kurzer Hinweis zum Einsatz des Sony FE 20-70mm F4 G an APS-C-Kameras. Dieser ist natürlich möglich, wegen des Cropfaktors von 1,5 fällt der Brennweitenbereich mit 30 bis 105mm allerdings deutlich weniger weitwinkelig aus. Aus unserer Sicht ergibt der Einsatz an einer APS-C-Kamera daher wenig Sinn.

Autofokus/manueller Fokus:
Für die Fokussierung nutzt Sony bei den meisten neuen Objektiven Linearmotoren. Zwei Motoren dieses Typs (genau genommen XD Linearmotoren) kommen auch beim Sony FE 20-70mm F4 G zum Einsatz. Sie erlauben schnelle, leise und sehr präzise Verschiebungen der Linsen. Das Standardzoom fokussiert daher nicht nur blitzschnell, sondern auch nahezu geräuschlos und stets präzise. Alle Linsenbewegungen finden innerhalb des Tubus statt (Innenfokussierung), die Abmessungen der Optik verändern sich beim Scharfstellen daher nicht. Einen sehr guten Job macht der Autofokus auch bei Videoaufnahmen, langsame und gleichmäßige Fahrten sind problemlos möglich. Die Tracking Performance des FE 20-70mm F4 G soll laut Sony zweimal besser als beim Sony Zeiss Vario-Tessar T* 24-70mm F4 ZA OSS ausfallen, die AF-Geschwindigkeit wurde laut offizieller Angaben um 60 Prozent erhöht. Bei unseren Labormessungen kamen wir beim Einsatz der Sony Alpha 7R IV auf Fokussierungszeiten von 0,16 Sekunden bei 20mm, 0,21 Sekunden bei 50mm sowie 0,22 Sekunden bei 70mm. Dadurch ergeben sich auch bei der Action- und Sportfotografie keinerlei Probleme.

Sehr gut schlägt sich das Sony FE 20-70mm F4 G bei der Aufnahme kleiner Motive. Der Fokusbereich beginnt mit AF-Motor bei 30cm, dadurch lässt sich bei der längsten Brennweite ein respektabler Abbildungsmaßstab von 1:2,6 erzielen. Damit ersetzt das Zoom natürlich kein Makro-Objektiv, im Alltag sind aber zweifellos sehr ansprechende Nahaufnahmen möglich. Wer am kurzen Brennweitenende noch etwas näher an das Motiv herangehen möchte, kann den manuellen Fokus aktivieren und die Naheinstellgrenze damit auf bis zu 25cm verkürzen. Apropos manueller Fokus: Der Fokusring ist wie bei vielen Objektiven mit Linearmotoren etwas leichtgängig, das Drehen des Rings wirkt sich nur bei eingeschalteter Kamera („Focus by wire“) aus. Die lineare Umsetzung des Fokusrings sorgt dafür, dass Eingaben 1:1 übernommen werden.

Bildqualität:
Zum Test der Bildqualität haben wir auf die Sony Alpha 7R IV mit 60 Megapixel-Sensor zurückgegriffen. Dieser fordert das Objektiv besonders stark. Wer das Zoom an einer Kamera mit weniger Pixel nutzt, sollte eine noch bessere Bildqualität erhalten.

Am spannendsten ist beim Sony FE 20-70mm F4 G natürlich der Weitwinkelbereich. Dieser bewegt sich mit 20mm deutlich unterhalb der üblichen 24mm. Das 3,5-fach-Zoom weiß hier zu gefallen. Im Zentrum löst das Objektiv schon bei F4 die feinsten Details auf, abblenden ist weder erforderlich noch unbedingt sinnvoll. Bei F5,6 verändert sich praktisch nichts, danach lässt die Beugung die Detailwiedergabe absinken. Wirklich schlecht wird diese aber erst bei F16. Die Bildränder fallen bei F4 bereits gut aus, bei F5,6 kann man sie noch einen Tick verbessern. Dass zur Mitte ein gewisser Abstand besteht, ist angesichts des großen Zoombereichs verständlich.

Bei 35mm Brennweite fällt die Abbildungsleistung im Zentrum bereits bei F4 sehr gut bis exzellent aus, am Rand ist sie akzeptabel. Im Zentrum lässt sich die Bildqualität durch Abblenden nicht verbessern, am Bildrand auf ein gutes Niveau heben. Hier ist anzumerken, dass unser Testmodell bei dieser Brennweite am linken Rand (hiervon sind die Ausschnitte) etwas schlechter als am rechten Rand abschneidet.

Am Teleenede, also bei 70mm Brennweite, wird die beste Abbildungsleistung im Zentrum bei F5,6 erzielt, der Abstand zu F4 ist aber sehr gering. Abblenden braucht man wegen der sehr guten bis exzellenten Qualität bei F4 jedenfalls nicht. Am Bildrand zeigt sich ein sehr ähnliches Bild, auch hier sind die Verbesserungen durch die Wahl einer kleineren Blende geringfügig. Spätestens bei F16 macht sich die Beugung eindeutig negativ bemerkbar.

Die Verzeichnung des Objektivs bewegt sich bei allen Brennweiten auf einem niedrigen Niveau, leichte Helligkeitsabfälle sind zu den Rändern hin vor allem bei 20mm zu erkennen. Dass ein Objektiv mit diesem Brennweitenbereich derart gut abschneidet, ist allerdings auch auf die heutzutage gängige Software-Korrektur zurückzuführen. Betrachtet man die RAW-Bilder, zeigt sich bei 20mm nicht nur eine starke tonnenförmige Verzeichnung, die Ecken fallen auch sehr dunkel aus. Bei 35mm sind die Verzeichnung und Vignettierung vergleichsweise gering, bei 70mm lässt sich eine kissenförmige Verzeichnung erkennen. Im Alltag stören diese optischen Probleme allerdings nicht, wenn man die JPEG-Bilder oder einen RAW-Konverter mit Korrekturprofil nutzt. Daher sehen wir sie nicht als problematisch an. Chromatische Aberrationen konnten wir in der Schärfeebene bei unseren Beispielaufnahmen praktisch überhaupt nicht erkennen, das Bokeh fällt für ein nur bedingt lichtstarkes Objektiv weich aus. Flares oder andere Störungen hielten sich beim Auftreten von Gegenlicht in Grenzen.

Beispielaufnahmen in voller Auflösung zum Download:

Unser Fazit:
Mit dem neuen FE 20-70mm F4 G bietet Sony ab sofort ein Standardzoom an, das mehr als den klassischen Brennweitenbereich von 24 bis 70mm zu bieten hat. Die Erweiterung nach "unten" sollte viele Fotografen ansprechen, die gerne etwas mehr auf das Bild bringen. Damit werden Objektivwechsel deutlich seltener notwendig. Nun sind derartige Objektive natürlich nicht komplett neu, bereits andere Hersteller haben besonders weitwinklige Standardzooms im Programm. Sony hat es jedoch geschafft, dass trotz größerem Weitwinkelbereich nicht auf den üblichen Telebereich verzichtet werden muss. Oder anders gesagt: mit 20 bis 70mm ist das FE 20-70mm F4 G ein besonders flexibel einsetzbares Objektiv,

Die durchgängige Blende von F4 macht das Sony FE 20-70mm F4 G zu keinem Lichtriesen, für viele Aufnahmesituationen reicht die Lichtstärke aber vollkommen aus. In Kombination mit einer lichtstarken Festbrennweite, wie zum Beispiel dem Sony FE 35mm F1,8, lässt sich ein sehr großes Aufgabengebiet abdecken. Das liegt auch am attraktiven maximalen Abbildungsmaßstab von 1:2,6. Damit sind ansprechende Nahaufnahmen möglich. Die volle Punktzahl erreicht das Sony FE 20-70mm F4 G auch beim Autofokus: Dank der beiden verbauten XD Linearmotoren fokussiert das Zoom stets besonders leise, sehr schnell und präzise. Die Bildschärfe bewegt sich bei allen Brennweiten im Zentrum auf einem sehr hohen Niveau, an den Rändern ist sie bei 20mm und 70mm gut bis sehr gut. Bei 35mm ist sie dagegen etwas schwächer. Dass die Bildränder eines Zooms mit diesem Brennweitenbereich nicht auf dem Niveau des Zentrums liegen, ist verständlich. Des Weiteren sei gesagt, dass die 60 Megapixel unserer Testkamera Objektive extrem fordern. Abbildungsfehler korrigiert Sony per Software besonders stark, ein RAW-Konverter mit Korrekturprofil ist daher essenziell. Alternativ kann man natürlich die bereits in der Kamera korrigierten JPEG-Fotos verwenden.

Das FE 20-70mm F4 G vereint eine ansprechende Bildqualität und kompakte Abmessungen:

Abgerundet wird das ansprechende Paket durch viele Bedienelemente, kompakte Abmessungen und die vorhandenen Abdichtungen. Wer sich ein Standardzoom mit größerem Weitwinkelbereich wünscht und eine Sony-Kamera mit Vollformatsensor besitzt, kommt am Sony FE 20-70mm F4 G kaum vorbei. Wer mit 24mm zufrieden ist, wird das Objektiv wegen seines höheren Preises (UVP: 1.599 Euro) dagegen wohl eher nicht wählen.

Unsere Auszeichnungen:

Autor: dkamera.de Redaktion
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