Regen ist schön um ein Histogramm lesen zu lernen

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Für's Fotografieren ist Regen ein wunderbares Wetter. Darauf hatte ich in einem früheren Beitrag schon einmal aufmerksam gemacht. Regen ist auch gut geeignet zum Kennenlernen des „Histogramms“. Die Anzeige kann bei vielen Kameras auf dem Display zugeschaltet werden, ob vor einer Aufnahme oder beim Betrachten der gespeicherten Bilder. Der Nutzen liegt in der schnellen Beurteilung, ob die dunklen und hellen Bildteile in jenem Bereich liegen, den die Kamera aufnehmen kann. Kurz, ob die Belichtung einem Motiv entsprechend richtig eingestellt wurde.

Es ist ganz nett und auch nützlich vor oder nach einer Aufnahme zu wissen, wie ein Motiv mit all seinen Farben und Helligkeiten erfasst werden konnte. Denn wer kennt nicht jene Urlaubsbilder in der prallen Sonne und dunklen Schatten, die nur noch als schwarz auf Papier zu sehen sind. Was mit dem Blick auf das Display der Kamera kaum richtig beurteilt werden kann, ist, ob die Schatten nicht „zulaufen“, das heißt im Schwarz versinken und ob der strahlend helle Himmel nach der Aufnahme nur noch weiß ist, was als „ausgefressen“ oder „ausgerissen“ bezeichnet wird.

Das Wort „ausgerissen“ beschreibt den Vorgang recht gut. Wo ein Auge beim Blick auf den Himmel mit der Reaktion der Pupille sich anpasst, beim Sehen des Motivs, zum Beispiel von Freunden in einer Gruppe sich neu „justiert“ auf das geringere Licht - was wir nicht bemerken - da ist jeder Kamera nur eine einzige Einstellung je Aufnahme möglich. Und sind die Unterschiede von Dunkel zu Hell zu groß, ja dann wird irgend etwas nicht richtig aufgenommen. Man benennt den Unterschied der Helligkeiten als „Kontrast“. Es gibt noch andere, spezielle Bezeichnungen.

Die Fähigkeiten eines kleinen Bildsensors sind insbesondere bei der Aufzeichnung von starken Kontrasten beschränkt, wenn man den Vergleich mit einer Spiegelreflex anstellt. Aber selbst jeder noch so großer Bildsensor ist (noch) nicht in der Lage den gesamten Kontrast eines strahlenden Sonnentages einzufangen, sprich: auszuzeichnen. Irgendwann wird bei jedem Bildsensor eine Grenze erreicht. Bei den Digitalkameras etwas eher. Das ist sehr unpraktisch, denn gerade bei den Ereignissen mit viel Spaß, im Urlaub, dem Wochenendtrip, einer Party, da sieht man besonders viele dieser kleinen Kameras. Es hilft nichts. Man sollte sich zu Beginn einer Fotoserie oder einer stabilen Wetterphase auf die Kontraste einstellen und damit die Kamera besser nutzen. Das heißt, schon mal im Kopf vorab darüber nachdenken wie die Motive vollständig auf den Bildsensor kommen können.

Dabei ist das Histogramm nützlich. Um es „lesen“ zu können, also zu verstehen, dazu ist Regenwetter eine gute Ausgangssituation. Doch auch tief hängenden Wolken sind schon brauchbar. Machen Sie ein Bild - irgendwas vor Ihrer Haustür. Halten Sie die Kamera auf einen grauen Bürgersteig mit einem Stück Straße im Bild. Vollkommen uninteressant? Was soll's? Doch selbst dabei lassen sich Motive entdecken. Im Regen kann ein von Wasser umströhmter Gullideckel oder ein Ablauf zum Motiv werden. Und nun benutzten Sie nach der Aufnahme Ihre Belichtungskorrektur (manchmal im Handbuch als Lichtwertkorrektur oder als Korrektur der Belichtung benannt). Zumeist taucht auf Ihrem Display eine waagerechte Skala auf, von -2 bis +2. Die 0 ist jener Wert, der die Belichtungsautomatik unverändert lässt. Stellen Sie von Hand - wie das geht sagt das Handbuch - den Wert auf -2 ein. Nun eine weitere Aufnahme mit gleichem Ausschnitt – bitte. Und danach den Wert +2 und die letzte Aufnahme machen. Das was Sie gerade getan haben ist eine „Belichtungsreihe“.

Im Haus machen Sie es sich bequem und sehen nun die drei Bilder auf dem Display Ihrer Kamera an. Auf dem Display wird kaum ein Unterschied zu sehen sein. Schalten Sie das Histogramm dazu (wie das geht sagt das Handbuch) und vergleichen Sie die Aufnahmen. Das zweite Bild, das mit -2, hat ein zum ersten Bild verschobenes Histogramm und das dritte Bild zeigt ein Histogramm in die andere Richtung verschoben, nach rechts. Was das Display der Kamera nie so exakt zeigen kann, wie hell oder dunkel ein Bild tatsächlich ist, wird im Histogramm erkennbar. Es zeigt wie die Summe der dunklen und hellen Bildteile aufgeteilt werden, von ganz dunkel bis ganz hell. Die Leserichtung des Histogramms geht von rechts nach links, von dunkel nach hell. Bei unserem Motiv staut sich alles in der Mitte. Es gibt kein richtiges ganz dunkel -rechts- und kein richtiges ganz hell -links-.

Das ist darin begründet, dass jede Belichtungsautomatik versucht alles auf einen mittleren Grauwert zu belichten. Und Sie sehen, da bleibt zu beiden Seiten noch Platz. Bei der zweiten Aufnahme ist alles nach rechts gerückt. Es zeigt an, wie die Belichtung mit -2 aus der Bildmitte verschoben wurde. Umgekehrt sind im dritten Bild die Werte nach links verschoben, die die helleren Bildanteile repräsentieren. Selbst wenn diese Fotos nie gesehen wurden, können Aussagen getroffen werden: Wir haben es mit vergleichbaren Bildern zu tun, denn der Verlauf der Kurven (oder Balken) im Histogramme ist sehr ähnlich. Und zweitens gibt es von einem Motiv drei Bilder mit unterschiedlicher Helligkeiten, ein mittleres, ein dunkleres und ein helleres Foto. Es gibt noch mehr auf einem Histogramm zu sehen. Drängen sich die Werte rechts, dann kann es sein, dass das Bild unterbelichtet ist, je nach Motiv. Eine schwarze Katze vor dunklem Hintergrund sähe auf einem Histogramm auch so aus, obwohl die Belichtung dann noch stimmen würde. Rechts gedrängte Bildanteile können bedeuten, dass schon ein Teil des Motivs außerhalb des dunklen Bereiches liegt, den der Bildsensor erfassen kann. Dann würden ab dieser Grenze alle dunkleren Bereiche abgeschnitten und immer nur als schwarz dargestellt.

In der fotografischen Praxis ist es unbefriedigend erst im Nachhinein zu wissen, dass die Belichtung daneben liegt. Deshalb lässt sich ein Histogramm schon vor der Aufnahme, zusätzlich zur Anzeige des Motivs, auf dem Display darüber schalten. Nun sehen Sie, wenn die Kamera bewegt wird, wie die Anzeige des Histogramms die sich ändernden Schatten und Lichter neu bewertet. Genauer: wie der Bildsensor darauf reagiert, welche Werte die Belichtungsautomatik einstellt.

Bleiben wir beim gemütlichen Betrachten der drei Aufnahmen. Drängt die Anzeige sich nach links, dann ist es möglich das bereits einige Teile eines Bildes zu hell und damit nur noch weiß erscheinen. Diese Teile eines Bildes wären dann überbelichtet. Ist es Ihnen in den Sinn gekommen, dass, wenn die Belichtungsautomatik immer versucht einen mittleren Grauwert zu belichten, eine Belichtungsautomatik nur zufällig die optimale Einstellung treffen kann? Ein weißes Laken würde zu knapp belichtet, eben in die Mitte der Werte gelegt und damit grau wiedergegeben. Bei einer das Bild füllenden schwarzen Katze wäre die Automatik ebenso überfordert. Es würde so lange Belichtungen geben, dass das Schwarz zu mittlerem Grau wird. Das Bild wäre anschließend zu hell.

Dem widersprechen unseren Erfahrungen, denn vielfach liegt die Automatik bei der Belichtung nicht ganz verkehrt. Der Unterschied zu unseren drei Bildern ist, dass „normale“ Motive einen deutlicheren Kontrast haben, also deutlich mehr dunkle und helle Bildanteile zeigen. Die Automatik wählt die Mitte und damit ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass alles stimmt. Allerdings, und dies ist die entscheidende Einschränkung: nur dann, wenn Motive einen geringeren Kontrast haben, als die Kamera aufzeichnen kann. Gerade dann, wenn die Kontraste höher liegen, dann ist ein Histogramm der einzige exakte Weg um festzustellen, mit welcher Qualität ein Foto aufgenommen wird. Laufen die Schatten zu, sind die Lichter zu hell? Mit der Hilfe des Histogramms und der Belichtungskorrektur können Sie sich entscheiden, welcher Bereich eines Motivs vom Bildsensor richtig erfasst werden sollen und im Foto gut erkennbar bleiben.

Bei einem Motiv, das den dunklen Eingang zu einer Grotte zeigt, mit einem zu hellen, gleichmäßigem blauen Himmel, da werden Sie sich entscheiden müssen. Himmel oder Grotte? Ich entscheide mich für den Eingang zur Grotte. Einem im Foto überbelichteten und später nur noch weißem Himmel, dem kann man in einer Bildbearbeitung abhelfen. Viele Programme haben eine Retuschefunktion, in der ein Himmel in jeder Variante, einschließlich Schäfchenwolken und Gewitterstimmung, wieder eingefügt werden kann. Und das wird bei allen kaufbaren Gruß-Postkarten so gemacht. Es gäbe allerdings noch mehr, worüber ein Histogramm informieren kann.

Um ein wenig Praxis zu bekommen beim „Lesen“ eines Histogramms, schalten Sie es auf das Display mit auf und schwenken die Kamera durch die Wohnung. Finden Sie die Werte für die helleren Fenster ganz links und die der Lampen? Und überall dort wo es dunkler ist, werden die Werte rechts wieder zu finden sein.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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Hallo! Gibt es da Unterschiede …

Hallo!
Gibt es da Unterschiede zwischen den Kameras?
Also bei mir ist links dunkel und rechts hell.

Viele Grüße

Hallo. Eine einfache Frage - …

Hallo.
Eine einfache Frage - ich falle aus allen Wolken -

Das ist beim Korrekturlesen mir glattweg durchgegangen, eine Rechts/Links-Verwechslung. So etwas wird mich nun den ganzen Tag ärgern.
Bei allen Lesern und Leserinnen möchte ich mich entschuldigen. Irgendwann beim schreiben hat sich der Fehler eingeschlichen und - ich weiß noch das ich meinte da einen Dreher entdeckt zu haben und habe dann in die falsche Richtung "korrigiert". Hätte doch mindestens zusammen zucken müssen, sollte man meinen.
Und das mir mit so viel fotografischer Praxis und mit Führerschein ... Peinlich, peinlich.
Ich danke für den so wichtigen Hinweis.
Adrian

Meines Wissens nach liest man …

Meines Wissens nach liest man ein Histogramm von links nach rechts und NICHT von rechts nach links!

Bzw. anders gesagt: Links ist schwarz - und rechts ist weiß... Im Text ist es zweimal genau anders herum erwähnt.

Auf meinen Kameras und in Photoshop etc. jedenfalls ist LINKS=Schwarz und RECHTS=Weiß

Im

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