Der aktuelle „Dialekt“ von JPEG verschwindet in wenigen Jahren

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag

Wer die digitale Foto-Technik überblickt, weiß wie viele Bilddateien bereits nicht zu lesen sind, weil die Dateiformate nicht mehr existieren. Mit der Nase darauf gestoßen wurde ich in 1994, als meine erste Bildbearbeitung (DA Picture) sehr wählerisch war, wenn es um das Öffnen von Bildern ging, damals noch weitgehend in TIFF gespeichert. Solches kann man heute auch erleben. Selbst bei dem beliebten Dateiformat JPEG geht nicht alles. Eine meiner Bildbearbeitungen kann unkomprimierte JPEGs erzeugen, die keine meiner anderen Programme unterstützt. Es nutzt mir also nichts dieses Format zu verwenden, wenn die Software in wenigen Jahren vom Markt verschwunden oder so grundsätzlich überarbeitet wurde, das dieses spezielle Dateiformat nicht mehr unterstützt wird. Dann verliere ich den Zugriff auf alle diese Bilder.

Doch schon jetzt ist die Foto-Technik so weit in Bewegung gekommen, dass gleich an mehreren Baustellen zu Dateiformaten gearbeitet wird. In dkamera.de war es zu lesen, dass das von Microsoft entwickelte Dateiformat Photo-HD, jetzt als JPEG XR oder auch anders bezeichnet, vor der Tür steht. Die Formate JPEG und JPEG2000 werden schon bald ersetzt. Warum nur? Nun, das Dateiformat JPEG (.jpg ) hat seine Schwächen. Da ist zum einen die verlustbehaftete Komprimierung der Bilddaten - mit jedem Abspeichern wird die Qualität vermindert - und zum anderen ist da die Begrenzung auf eine Bildtiefe von 8-Bit. Als 1991 Microsoft und Adobe sich darüber einig wurden, wie man das damals übliche Schwarz-Weiß der Bildschirm-Ausgabe auch fähig machen könnte, die Farbe mittels Grafikkarten wieder zu geben und zu standardisieren, hielt man die Bild-Datentiefe von 256 Stufen bei jeder der drei Farben Rot, Grün und Blau für ausreichend. Rund 16,7 Millionen Farbabstufungen reichen, so war man überzeugt. Denn wir Menschen können nur 10 Millionen Farben differenzieren. Es blieb nach damaligem Verständnis also viel Information im Bild als Reserve ungenutzt.

Mittlerweile nutzen Kameras immer mehr Bild-Datentiefe. 12-Bit sind üblich geworden. Das hat natürlich einen Grund. Kein Bild enthält die ganze Breite aller Farben. Manche Bilder kommen mit nur 25 000 oder weniger Unterschieden aus. Wenn dann noch die eingeschränkte Differenzierung des Formates und die komprimierte Speicherung hinzu kommen, dann bleibt im Bild nicht mehr so viel von dem übrig, was man wünschen möchte. Denn bunt ist eben nicht gleich natürlich.

So wird also schon seit Jahren darüber nachgedacht die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung für ein standardisiertes, universelles, mit bis zu 48-Bit zu gestalten (3 Farben x 16 Bit). Dabei scheint es nicht nur theoretisch eine Frage der Zeit, bis auch diese über 15 Billionen Farbunterschiede als überholt verstanden werden könnten. Einige Scanner geben schon mehr Farben wieder. Doch für den jetzigen Anwender wäre es schon schön, wenn ein Bildformat existierte, dass überall, auf jedem Computer und mit jeder Software, zu vergleichbaren Ergebnissen führt, allen Ansprüchen an die Detailwiedergabe genügt und auch in einigen Jahren noch benutzt wird.

Neue Formate wurden in den letzten Jahren einige eingeführt. Da sind zum einen die vielen RAW-Formate, die Dateiformate der Hersteller, da sind auf der anderen Seite so eine allgemeines Format wie TIFF, dass es bereits seit den achtziger Jahren und mittlerweile in vielen Dialekten gibt, die nicht alle von allen Geräten verstanden werden, oder BMP als simples Pixelformat, und da sind ganz spezielle Datenformate für bestimmte Anwendungen, wie zum Beispiel PNG, das für die Darstellung von Bildern im WEB entwickelt wurde oder ESP für einen Bereich des Drucks. Das relativ neu eingeführte „digitale Negativ“ von Adobe, DNG, hat nicht viele Hersteller davon überzeugen können sich zu daran binden, denn allzu viele individuelle herstellerspezifische Informationen lassen sich im Header unterbringen und machen das Dateiformat, entgegen der vollmundigen Ankündigungen der Anbieters, eben nicht universell. Und wer möchte sich an das Wohl und Wehe einer einzelnen Firma binden, mag diese auch noch so stark am Markt vertreten sein, denn schon die Lizenzen sind nicht frei verfügbar.

So hatte Microsoft vor wenigen Jahren einen Vorstoß gewagt und „Photo HD“ zu propagieren versucht. Doch dieses Dateiformat ist gescheitert, weil es nur ein neues Format eines einzelnen Anbieters war, der sich damit Vorteile verschaffen wollte. Nun hat Microsoft zugesagt die zweifellos vorhandenen Vorteile des Dateiformates, wie immer man es nun nennen wird, als freie Lizenz allen zur Verfügung zu stellen. Das Format wurde umbenannt in „JPEG XR“. Doch auch das hat das JPEG-Komitee nicht überzeugen können. Zur Zeit denkt man darüber nach, wie ein universelles Format spezifiziert werden kann, und allen zugänglich ist und für die nächsten Jahre allen Bedürfnissen gerecht wird, um als „Standard“ gelten zu können. Der voraussichtliche Name „JPEG DI“.

Was bedeutet das für den Anwender? Und was geschieht nun mit den eigenen Fotos? Da habe ich mich entschlossen, trotz aller Vorbehalte aus früheren Zeiten, meine Bilder in das unkomprimierte Format TIFF (.tif oder .tiff) in 16-Bit Farbe zu konvertieren. TIFF ist das Format der Wissenschaft. Solche Bilddaten wurden teuer produziert und ihr Zugriff muss für die Zukunft erhalten bleiben. Was auch immer kommt, ich möchte meine Fotos nicht vergessen müssen, weil es in 10 Jahren kein Gerät und keine Software mehr gibt, die meine Bilddaten öffnen kann. JPEG, so sieht es aus, wird in 2009 überholt sein. Dann dauert es nur noch wenige Jahre und das Format ist vergessen.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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