Fotobücher sind Bücher über was? (Teil 1)

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus


Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Die Frage der Überschrift muss man sich einfach stellen, wenn man die Auswahl von Fotobüchern sieht. Da gibt es Bücher über Kameras und Systeme, Bücher über die allgemeine Fotografie und jene Vielzahl von Büchern, die Einzelthemen wie z.B. Bildbearbeitung, Ausdrucken, Makrofotografie und Landschaften zum Inhalt haben.

Das letzte Buch, welches ich mir kaufte, handelt von Gestaltungslehre am Beispiel von Landschaften: Eib Eibelshäuser, Fotografische Landschaften. Lehrbuch für Bildgestaltung aus dem "dpunkt"-Verlag, erschienen im Oktober des letzten Jahres. Ein Buch, dass ich allein eines didaktischen Mittels wegen beschaffte: der Zeichnungen über die Bilder.

Wovon lässt man die Finger? Von allem, was schon im Grundsätzlichen die falschen Gedanken in die Köpfe setzt. Weil, das sind jene "Irrgärten des Wissens", aus denen man nicht mehr so einfach heraus findet. Ein alltägliches Beispiel: in der Optik wird überall von "Lichtstrahlen" gesprochen. Das ist hübsch anschaulich und zugleich vollkommen falsch. Sobald über Beugung bei Objektiven geschrieben wird kommt der Autor oder die Autorin nämlich in die unangenehme Situation, dass sich mit diesen Lichtstrahlen überhaupt nichts über Beugung erklären lässt - falls er oder sie es überhaupt merkt.

Dieses Phänomen, das besonders herausragend bei kleinen Bildsensoren die optische Abbildungsleistung begrenzt, ist für das Verstehen der Funktion einer Blende mindestens so wichtig wie die Frage, warum es diese Blendenzahlen gibt (2 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11...). Wer die Blende erklären will kommt in große Probleme, wenn man von vornherein das falsche Modell der Lichtstrahlen verwendet. Trotzdem wird dies überall getan, weil es so "schön anschaulich" ist. Auch Didaktiker können denkfaul sein. Schon mit dem Modell der "Lichtbüschel" kommt man der Beugung von Lichtstrahlen deutlich näher. Doch versuche man mal jemandem, der die Lichtstrahlen im Kopf hat, ein ganz anderes Modell zu erklären. Das löst nur Verärgerung aus, weil man einfach nicht mehr verstehen kann, was "Lichtbüschel" oder "Lichtwellen" besseres erklären. Ein Beispiel dafür, wie erlerntes Wissen mit religiöser Inbrunst verteidigt wird.

Die Bücher über Kameras sind jene Bücher, die die Inhalte der Handbücher mit betont nachlässiger Schreibe und bunten Bildchen und Grafiken versuchen umzuschreiben, erweitert um einige allgemeine, simple Gedanken (wie in meinem Beispiel oben). Allerdings, wer das Handbuch zur Kamera schon nicht liest, warum sollte der oder die ein solches Buch vollständig lesen? Die meisten suchen wohl lediglich ein paar Hinweise. Besonders beliebt ist die Suche nach "Tricks". Wer so denkt will den Weg zum Wissen möglicht billig abkürzen, bis man tatsächlich etwas verstanden hat. Und das funktioniert nicht, nur weil man Zauberstückchen vorgeführt bekommt. Denn es bleibt die Frage, wann wendet man welches dieser "Tricks" oder auch Tipps denn nun an? Lesen Sie die Handbücher Ihrer Kamera, auch wenn es schwer fällt. Zumindest steht da (wahrscheinlich) nichts drin, das Ihnen die falschen Vorstellungen in die Köpfe setzt. Lassen Sie insbesondere die Bücher zu Ihrer Kamera im Regal des Händler liegen. Sie sind im besten Falle überflüssig.

Nicht deutlich besser sind die Bücher über die allgemeine Fotografie. Eigentlich erwartet man in ihnen Hinweise, wie es gemacht wird, um gute Bilder zu erhalten. Doch schon die Motivsuche kann Ihnen ein solches Buch nicht abnehmen. Was diese Bücher leisten, ist die Leserschaft zum Nachmachen einzuladen. Nun gibt es solche und solche Fotografen. So mancher Erstklassige schreibt niemals ein Buch, so mancher Drittklassige wirft einens nach dem anderen auf den Büchermarkt. Von den letzteren war und ist mir John Hedgecoe besonders lästig gewesen oder ein Buch mit dem Titel Das große Buch der Fotografie. Schritt für Schritt zum gelungenen Foto (monte von DuMont).

Nun, man will Bilder sehen und diese nachmachen. Schön. Und es wird erklärt, wie es geht. Noch besser. Jedoch nicht erklärt wird, wie man leicht in diese oder jene Situation gerät, um Aufnahmen von einer Wüste, Großwild in Afrika, oder Tempeln aus Kambodcha in den Sucher zu bekommen. Der Reisescheck liegt nie bei. Mit solchen Bildern feiert sich ein Autor letztlich nur selbst. Sie wollen weniger exotische Motive schön in das Bild setzen. Das sind Partys und festliche Anlässe, der sonntägliche Spaziergang, die Blüte am Wegesrand, die Kinder oder Freunde, zur Not auch Kumpels und Kollegen, das Fahrzeug auf einer Auto-Messe, das andere Hobby neben der Fotografie und vieles andere, das Ihnen nahe liegt. Solche Bücher gibt es nicht, weil diese sich nicht verkaufen würden, denn die Motive sind nicht so attraktiv, wie es in der Bilderwelt üblich ist. Eines kann Ihnen außerdem kein Buch abnehmen: Sie müssen sich jedes Motiv erarbeiten. Bei einigen Motiven geht es leicht, bei anderen geht es schwer. Doch letztlich zählt nur üben, üben, üben.

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

 

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