Kann man Kameras schneller machen?

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Die Verzögerung der Auslösung für eine Aufnahme kann ziemlich lästig sein. Nicht, wenn Oma und Opa oder ein Freundeskreis zusammen stehen, um gemeinsam auf ein Bild zu kommen. Dann bleibt für die Gesichtserkennung ausreichend Zeit. Doch schon wer Sohn oder Tochter bei Sport oder Spiel fotografieren möchte, kann sich über die Verzögerung vom Drücken des Auslösers bis zur Aktion in der Kamera, der Aufnahme, mächtig ärgern. Muss das sein? Braucht man nun eine schnellere Kamera?

Ja und Nein. Es hängt davon ab, was die Kamera selbst machen soll und was man durch die Wahl der Voreinstellung einer Kamera abnimmt. Was kostet denn so viel Zeit, dass eine Kameraelektronik langsam wird?

So werden selbst "langsame" Modelle beschleunigt: Richtig viel Zeit kostet die Einstellung des Autofokus. Und ebenso viel Zeit vergeht, wenn die Belichtung gemessen werden soll. Auch die Gesichtserkennung muss intensiv errechnet werden. Es kommt also darauf an, ob die Kamera im Menü eingestellt werden kann und die Automatiken zu beeinflussen sind.

Kann man überflüssige Funktionen abschalten? Die Gesichtserkennung ist bei einzelnen Personen zumeist überflüssig. Ausgenommen, diese stehen nicht in der Bildmitte, sind also außerhalb jenes Bereichs, den ein normaler Autofokus erfassen wird. Bei einem Bild von Sohn, Tochter, Frau, Mann, Hund oder Katze usw. werden bei üblichen Fotos diese Motive in die Bildmitte gerückt. Dafür genügt der normale Autofokus allemal. Überlässt man die Entscheidung nicht der Kamera, ob nach Gesichtern gesucht werden muss, dann ist die Elektronik schon deutlich schneller geworden. Recht einfach ist es, den Auslöser halb gedrückt zu halten, während auf den Moment der Aufnahme gewartet wird. Man sollte annehmen, dass jeder oder jede weiß, was dabei geschieht. Doch dem scheint nicht so. Also mache ich hier auf diese Möglichkeit und die Vorteile aufmerksam.

Mit halb gedrückten Auslöser wird der Autofokus eingestellt (ein Mal gemessen) und ebenso die Belichtung. Wird der Auslöser anschließend durchgedrückt, dann werden die Messdaten für das Bild übernommen. In der Praxis kann dies natürlich auch zu falschen Werten zu führen, sobald zwischen Messdaten und Aufnahme ein großer Zeitunterschied entstanden ist. Jedoch nur dann. Eben, wenn sich die Szene deutlich geändert hat. Es sollte schon eine Veränderungen – eine deutliche – bei der Entfernung und dem Licht geben. Gerade am Beispiel Sport mag man meinen, dass dies häufig geschieht. Mitnichten. Bei einem Abstand von 2 Metern oder mehr braucht die Einstellung der Entfernung und einer normalen Brennweite kaum verändert zu werden. Nur wer lange (Tele-) Brennweiten nutzen möchte. In den normalen Brennweiten oder bei weitwinkeligen Aufnahmen ist die fortwährende Einstellung der Entfernung eher überflüssig. Bei Blende 5,6, wie dies bei Tageslicht durchaus üblich ist, wird die Einstellung der Entfernung bereits von etwa 1,8 bis über 8 Meter soweit scharf sein, dass bei den üblichen Formaten die Schärfe in die Tiefe ausreicht. Erst bei den großen Formaten ab 20x27 cm würde man sich mehr Schärfentiefe wünschen. Die "hyperfokale" Einstellung, es ist die Einstellung bei der von vorne bis hinten (gegen unendlich) alles scharf abgebildet wird, ist bei kleinerer Blende schnell erreicht. Warum also sollte eine Digitalkamera die Schärfe für jedes Bild neu berechnen? Bei näheren Motiven wird die genaue Einstellung der Schärfe immer wichtiger. Und im Bereich der Makro-Fotografie erreicht ein Autofokus den größten Einfluss.

Auch die Belichtung muss nicht permanent neu errechnet werden. Selbst beim Sport kann man davon ausgehen, dass die Belichtung für einige Sekunden unverändert bleiben kann. Wechselt die Szene, dann ist es kein Problem den Auslöser erneut zur Hälfte herunter zu drücken. Autofokus und Belichtungszeit werden damit neu ermittelt. Ein einzelner, automatischer Blitz hat keinen Einfluss auf die Verzögerung einer Aufnahme.

Wer seine Kamera ganz schnell machen möchte, der oder die legt sowohl die Entfernung als auch die Belichtung manuell fest. Am Beispiel des Sports bedeutet dies: für die Entfernung werden z.B. 3 Meter eingestellt. Ist das Wetter sonnig, wird Blende 5,6 oder kleiner für eine ausreichende (hyperfokale) Einstellung der Entfernung sorgen. Man muss nur noch warten bis die Person an dem Punkt ist, den man sich ausgesucht hat. Bei einer stabilen Wetterlage kann auch die Belichtung zuvor manuell ausgewählt werden.

Wie man sieht, auch eine rein manuelle Kamera ist für Sportaufnahmen problemlos geeignet. Man muss sich nur auf den Schnappschuss entsprechend vorbereiten. Und es hat einen entscheidenden Vorteil: wer sich eine Szene vorab vorstellen möchte ist viel besser für eine Aufnahme vorbereitet. Damit wird ein Foto eben nicht zum reinen Schnappschuss und damit zum zufälligen Bild. Auch in der Fotografie sollte oder muss man sich auf seine Motive vorbereiten. Eine "langsame" Kamera ist kein grundsätzlicher Hinderungsgrund für gute Bilder. Im Gegenteil, die Entschleunigung bei den Aufnahmen lässt den Fotografen und Fotografinnen mehr Zeit mit Verstand an die Aufnahmesituationen heran zu gehen. Natürlich, es ist schön, wenn ein Foto spontan und ohne große Vorkenntnisse entstehen kann. Doch das ist dann nicht wiederholbar. Denn niemand weiß, welche Einstellungen von Hand vorgenommen werden müssten, um ein solches Bild zu wiederholen. So wird alles zum "Spielball" einer Automatik.

So wird auch eine neue Kamera, die angeblich oder tatsächlich schneller ist, keine schöneren Fotos produzieren, sondern nur den Zufall anders steuern. Auch damit mag man zufrieden sein. Doch ist das ein Grund eine neue Kamera zu kaufen?

Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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