KI-Rauschreduzierung von Adobe Lightroom Classic im Test

Mit künstlicher Intelligenz zu rauschärmeren Fotos

Adobe hat seiner RAW-Bearbeitungssoftware Lightroom Classic in der neuen Version mehrere Updates spendiert. Neben neuen Maskierungsfunktionen hat die Software unter anderem auch eine neue Rauschreduzierungsfunktion erhalten. Diese nutzt anders als die bisherige Entrauschung künstliche Intelligenz, um das Bildrauschen zu minimieren. Wir haben uns die neue Funktion in einem ersten Test angesehen und mit den bisher möglichen Ergebnissen verglichen.

Die Aufnahmen moderner Kameras rauschen deutlich weniger als die Fotos früherer Modelle. Trotzdem zeigt sich bei höheren ISO-Stufen, die im Fotoalltag vieler Fotografen zumindest ab und zu vorkommen, durchaus noch ein stärkeres Bildrauschen. Dieses lässt sich bereits kameraintern reduzieren, bei RAW-Fotos kommt der Bildbearbeitungssoftware jedoch eine hohe Bedeutung zu. Deshalb bringt natürlich jede moderne Software Möglichkeiten zur Rauschreduzierung mit. Viele Programme nutzen hier moderne Ansätze mit künstlicher Intelligenz, bei Adobes Software-Lösungen musste man bislang aber mit klassischen Methoden auskommen. Das ändert sich ab der Lightroom Classic-Version 12.3, die seit Ende April 2023 heruntergeladen werden kann.

Mittels der „Verbessern“-Funktion ist es nun nicht mehr nur möglich ein Bild per künstlicher Intelligenz Hochzuskalieren („Super Resolution“ genannt) bzw. die Detailwiedergabe zu verbessern („RAW-Details“ genannt), sondern mittels der „Entrauschen“-Funktion auch das Bildrauschen zu reduzieren. Laut Adobe kann man die neue Rauschreduzierung bei allen RAW-Dateien nutzen, die von Kameras mit einem klassischen Bayer-Sensor sowie Modellen mit X-Trans-CMOS-Sensor aufgenommen wurden. Weitere Details nennt Adobe zur neuen Rauschreduzierung nicht.

Die neue Rauschreduzierung lässt sich auf zwei Wegen erreichen:

Zu erreichen ist die neue Rauschreduzierung wie die „Super Resolution“-Funktion über „Foto“ und „Verbessern“ oder über das Bedienfeld „Details“ in der Werkzeugpalette. Als einzige Option bietet die Rauschreduzierung per KI einen Stärke-Slider mit Werten von 1 bis 100 an, über ein kleines Vorschaufenster lässt sich das verbesserte Bild anzeigen. Danach kann man den Vorgang über „Verbessern“ starten. Bei uns wurden für 24 Megapixel auflösende Fotos zwischen 10 und 20 Sekunden zum Berechnen der Rauschreduzierung benötigt, diese Arbeit wird größtenteils mit der Grafikkarte (Modell im Test: Nvidia Geforce RTX 3070 Ti) realisiert. Abhängig vom verbauten Modell können sich die Bearbeitungszeiten deutlich unterscheiden.

Die Funktion nutzt das gleiche Menü wie die "Super Resolution"-Funktion:

Nach dem Entrauschungsvorgang speichert Lightroom das Ergebnis als neue DNG-Datei, das zeitgleiche Hochskalieren ist übrigens nicht möglich. Mit der Funktion „Raw-Details“ lässt sich die KI-Entrauschung dagegen kombinieren. Wer seine Fotos klassisch entrauschen möchte, kann dies natürlich weiterhin, zudem lässt sich die normale Rauschreduzierung auf das bereits per KI entrauschte Foto anwenden. Es ist jedoch wesentlich sinnvoller, die optimale Stärke der Rauschreduzierung beim Verwenden der KI-Entrauschung einzustellen.

Spannend ist natürlich die Frage, inwieweit die neue KI-Rauschreduzierung von Adobe Lightroom Classic bessere Ergebnisse als die herkömmliche Rauschreduzierung liefert. Schließlich ist der Aufwand doch etwas höher. Um das zu testen, haben wir drei Bilder mit unterschiedlich starkem Bildrauschen mit beiden Funktionen bearbeitet. Zweimal haben wir uns für eine mittlere Rauschreduzierung (Wert „50“ bei ISO 6.400 und ISO 12.800) entschieden, einmal für eine starke Rauschreduzierung (Wert „75“ bei ISO 102.400).

Bei geringerem Bildrauschen fällt der Abstand von der Standard- zur KI-Korrektur recht gering aus:

Bei stärkerem Bildrauschen reduziert die KI das Rauschen deutlich:

Bei extrem starkem Rauschen ist der Unterschied am größten und beeindruckend:

In allen drei Fällen fällt das Bildrauschen beim Einsatz der KI-Funktion nicht nur geringer aus, Details werden im Schnitt ebenso besser wiedergegeben. Das verwundert uns allerdings nur wenig, schließlich gehörte die klassische Rauschreduzierung von Adobe Lightroom schon lange nicht mehr zu den besten Rauschreduzierungen am Markt.

Zaubern kann aber auch die neue Entrauschungs-KI nicht: Sie erzeugt bei ihrer Arbeit leider auch eindeutige Fehler. Besonders gut lässt sich das bei stärkerem Bildrauschen sowie feinen Schriften erkennen. Diese fransen aus oder werden total verschwommen dargestellt. Das sorgt teilweise für unschöne Effekte.

Bei stärkerem Bildrauschen sorgt die Rauschreduzierung für Darstellungsfehler:

Des Weiteren gilt: Bei mittleren Sensorempfindlichkeiten und leichtem Bildrauschen sind die Vorteile der KI-Rauschreduzierung recht gering. Daher kann man hier auf die klassische Rauschreduzierung zurückgreifen. Wünschen würden wir uns von der KI-Rauschreduzierung noch mehr Funktionen, damit ließe sich das Ergebnis noch mehr beeinflussen.

Nachfolgend finden Sie zu Vergleichszwecken mehrere Bilder unseres ISO-Szenarios (aufgenommen mit der Canon EOS R6 Mark II). Beim linken Bild kam die klassische Rauschreduzierung zum Einsatz, beim rechten Bild die KI-Rauschreduzierung. Bei ISO 25.600 und ISO 51.200 wurde dabei jeweils eine Rauschreduzierung mit einem Wert 50 angewendet, bei ISO 102.400 sowie ISO 204.800 kam ein Wert von 75 zum Einsatz.

Tagesaufnahme mit ISO 25.600:

Tagesaufnahme mit ISO 51.200:

Tagesaufnahme mit ISO 102.400:

Tagesaufnahme mit ISO 204.800:

Nachtaufnahme mit ISO 204.800:

Unser Fazit:
Die neue KI-Rauschreduzierung von Adobe Lightroom Classic kann das Bildrauschen bei Fotos wesentlich besser reduzieren als die klassische Rauschreduzierung. Im direkten Vergleich ist der Vorsprung offensichtlich, die klassische Rauschreduzierung von Lightroom war zuletzt aber auch alles andere als "up to date". Leider arbeitet die neue KI-Entrauschung nicht ganz fehlerfrei, vor allem bei Schriften ergaben sich in unserem Test unschöne Artefakte. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die KI-Entrauschung einen großen Schritt nach vorne darstellt. Wenn Adobe die teilweise vorhandenen Darstellungsfehler in den Griff bekommt, ergibt sich ein riesiges Potenzial. Schon jetzt sind aber sehr ansprechende Ergebnisse möglich.

Autor: dkamera.de Redaktion
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