Schärfe - ein subjektiver Eindruck

Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Adrian Ahlhaus

Jemand stellt fest: "Das ist aber ein schönes, klares Foto!". Nun weiß man, was gemeint ist: nämlich die konturscharfe Wiedergabe eines Motivs in ungewohnter Brillanz. Und damit ist dann mehr als der Umriss, die Silhouette oder die Kontur gemeint. Es ist manches Mal gar nicht einfach, das richtige Wort zu finden, um einen Eindruck in Worte zu fassen.

Dabei geht es nicht nur um die Kontur, sondern auch um die Struktur, zum Beispiel bei einem Porträt ist dann jene Schärfe gemeint, die selbst die Kleidung bis in die Faser scharf abbildet. Als anderes Beispiel könnte eine Landschaftsaufnahme dienen, die Details bis auf den Grashalm und das Laubblatt wiedergibt. Dabei soll der Kommentar "schön" oder "klar" wohl etwas Besonderes bedeuten. Denn es gibt eben auch jene Fotos, auf denen man zwar alles erkennt, ein scharf abgebildetes Motiv sichtbar ist, aber eben jene Brillanz nicht enthalten ist, die in der obigen Meinung zum Ausdruckt kommt.

Gibt es mehrere Arten von Schärfe? Neulich sagte mir jemand: "Das Motiv springt einen richtig an." Um diesen Effekt zu erzeugen hatte ich heftig an den Stellschrauben der digitalen Bildbearbeitung gedreht. Mein Foto zeigte ein Stück rostrotes Eisen vor blauem Himmel mit wenigen, dunstigen Wolken. Die ursprüngliche Aufnahme gab das Metall in jener Schärfe wieder, die zu erwarten war. Das Metall war von einem fleckigem Rostbelag überzogen und der Himmel hatte ein unscharfes Wolkenbild.
Mein subjektives Empfinden war mit dem Ergebnis schon auf dem Bildschirm nicht zufrieden. Denn es fehlte mir dieser subjektive Eindruck eines Metalls, das kleinste abplatzende Schichten des Rotes zeigte und diese pockennarbige Oberfläche, die ich im Original bei etwa Leseabstand sah. Nun, die Aufnahme jenes Ausschnitts, den ich interessant fand, war aus fast 2 Metern entstanden. Das Motiv mochte etwa fünfundsiebzig Zentimeter groß sein und füllte den Sucher nicht vollständig. Dann sieht wohl nur noch ein Adlerauge die Details der rostigen Oberfläche. Mein Foto gab den natürlichen Seheindruck wieder. Farben und Schärfe stimmten.

Ich wünschte mir mehr, wollte das Bild dramatisieren, stellte mir eine greifbare vom Wetter zerschundene, rostzerfressene Oberfläche vor. Trotz der Entfernung meiner Aufnahme, wollte ich eine stärkere Nähe zum Material erzeugen. - Zur Anschauung habe ich folgende zwei Bilder in das dkamera Diskussions-Forum aber auch hier nachfolgend eingestellt. Links sehen Sie das unbearbeitete Bild und rechts das Bild nach meiner Bearbeitung. Trotz der geringen Größe der Bilder lässt sich erkennen, was ich hier beschreibe.

 

 

Da jeder Schärfeeindruck durch Kontrast entsteht, also dem direkten Aneinanderstoßen von Hell und Dunkel, sowie von den unmittelbar übergehenden Farbunterschieden erzeugt wird, holte ich in der Bildbearbeitung zu einer entschiedenen Nachschärfung aus. Das rostzerfressene Metall wurde heftig nachgeschärft. Dabei wurden die Mikrokontraste verstärkt. Die dunklen Pixel nach dunkler und die hellen Pixel wurden weiter aufgehellt. Die Farbkontraste werden beim Nachschärfen durch eine gesteigerte Sättigung angehoben. Natürlich, es gibt höchst unterschiedliche Einstellungen beim Nachschärfen. Manche Schärfeeinstellungen werden nur großflächig wirksam und übertreiben die Konturen mit hellen Kanten, "Halos" genannt oder erzeugen eine dunkle Schattenlinie. So etwas geschieht beim zu starken Nachschärfen eines ganzen Bildes. Doch ich selektierte die Schärfe innerhalb des Motivs und ließ den Umriss beinahe unangetastet.

So lange nur die Mikrostrukturen in ihren Kontrasten übersteigert werden, fallen zusätzliche Halos und Schattenbildungen ebenso wenig auf, wie die unnatürliche Sättigung, denn in der Summe bleibt die ursprüngliche Farbigkeit des Motiv erhalten. Insbesondere wirkt der unbearbeitete Himmel als regulativer Maßstab, denn niemand kann beim Betrachten eines solchen Bildes sagen, wie die tatsächliche Farbigkeit vom Rost hier wohl wirklich ausgesehen hat.

Der Eindruck jeder Natürlichkeit unterliegt Schwankungen, ist je nach Beleuchtung anders. Schon deshalb haben wir eine relativ große Toleranz, was unser Urteil zu echt wirkenden Farben betrifft.

Und wenn ich schon bei der Bearbeitung bin, dann habe ich noch schnell die Perspektive korrigiert - aber nicht zu viel - sonst wirkt es überkorrigiert und das Seitenverhältnis neu bestimmt.

Nun, wirkt die Bearbeitung mittels der Nachschärfung unnatürlich oder vorteilhaft? Machen Sie sich selbst ein Bild.

Haftungsausschluss: Gastbeiträge enthalten die Meinung des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung von dkamera.de wieder.

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