dkamera.de Grundlagenwissen: Der Verschluss

Wissenswertes zum Verschlussmechanismus und dessen Arten

Ein Verschluss ist bei fast jeder Kamera zu finden und trotzdem wissen viele Fotografen nur wenig darüber. Das ist auch kein Wunder, schließlich agiert er normalerweise im Verborgenen. Zu sehen bekommt man ihn in der Praxis nur selten, sein Betriebsgeräusch dürfte den meisten allerdings gut bekannt sein. Im folgenden dkamera.de-Grundlagenwissenartikel gehen wir auf alle relevanten Details zum Verschlussmechanismus ein und stellen die heutzutage gängigsten Arten vor.

Der Verschluss und dessen Funktion:
Der Verschluss einer Kamera bestimmt, wie lange Licht auf den Sensor oder Film fällt. Diese Zeit ist als Belichtungszeit oder auch Verschlusszeit bekannt. Zu Beginn der Fotografie besaßen Kameras – nach heutigen Maßstäben – keinen klassischen Verschlussmechanismus, die Belichtungszeit wurde beispielsweise durch das Abnehmen des Objektivdeckels und das Aufsetzen bestimmt. Bei Verschlusszeiten von mindestens einigen Sekunden oder teilweise sogar von Minuten stellt dieses Vorgehen natürlich kein Problem dar. Mit dem Aufkommen lichtstärkerer Objektive und lichtempfindlicherer Aufnahmematerialien – und damit deutlich kürzeren Belichtungszeiten – mussten jedoch Verschlussmechanismen entwickelt werden. Auf die heutzutage gängigsten gehen wir im folgenden ein.

Die Verschlussarten:

Der mechanische Schlitzverschluss:
Systemkameras, also Kameras mit wechselbaren Objektiven, sind heutzutage in den allermeisten Fällen mit einem sogenannten Schlitzverschluss ausgestattet. Dabei handelt es sich um einen Verschluss, der die Belichtungszeit durch zwei Verschlussvorhänge steuert. Bei früheren Kameramodellen wurden oft sogenannte Tuchverschlüsse aus Textilmaterialen verwendet, heutzutage kommen bei allen Modellen Metall-Lamellen zum Einsatz. Diese lassen sich im Vergleich zu Textilmaterialien besonders schnell beschleunigen und sehr genau steuern. Das ist wichtig, da die Geschwindigkeit des Verschlusses die kürzeste Belichtungszeit bestimmt.

Ein Schlitzverschluss besteht grundsätzlich aus zwei einzelnen Verschlussvorhängen. Der erste Verschlussvorhang gibt den Sensor frei und startet die Belichtung, der zweite beendet die Belichtung. Diese Mechanik erlaubt sehr kurze Belichtungszeiten, denn beide Verschlussvorhänge können kurz nacheinander ablaufen.

Die Funktionsweise eines mechanischen Schlitzverschlusses:

Mechanische Schlitzverschlüsse erreichen bei modernen Kameras in der Regel eine Belichtungszeit von 1/4.000 Sekunde oder sogar von bis zu 1/8.000 Sekunde. Bei kurzen Belichtungszeiten startet der zweite Verschlussvorhang bereits, bevor der erste seine finale Position erreicht hat. Des Weiteren gilt: Je schneller sich der Verschluss bewegt, desto kürzere Belichtungszeiten werden mit komplett freiem Sensor erreicht. Dies ist wichtig für die Blitzsynchronzeit. Da Blitze in einer sehr kurzen Zeitspanne abbrennen, muss der Sensor hierfür komplett frei sein. Alle von den Verschlusslamellen abgedeckten Teile würden sonst schließlich schwarz bleiben. Viele Vollformatkameras kommen auf Verschlusszeiten von rund 1/200 bis 1/250 Sekunde, einfachere Kamera nur auf 1/160 Sekunde oder langsamer.

Dabei gilt es zu bedenken, dass der Verschluss diese Bewegungen nicht nur einmal pro Sekunde schaffen muss, sondern abhängig von der Kamera auch deutlich häufiger. Viele Modelle erreichen mindestens fünf Bilder pro Sekunde, einige zehn und Canons DSLR-Flaggschiff EOS 1DX Mark III sogar 20 Bilder pro Sekunde.

Der Schlitzverschluss einer Canon EOS-1DX Mark III:

Bewegt werden die Vorhänge normalerweise durch eine Feder, sie müssen in kürzester Zeit auf eine hohe Geschwindigkeit beschleunigt und nach der Belichtung wieder abgebremst werden. Aus diesem Grund nutzen die Hersteller robustes Metall. Je größer der Sensor dabei ausfällt, desto größer ist die zu bewegende Masse. Bei Kameras mit großen Sensoren kann man den „Schlag“ der Verschlüsse daher oftmals deutlich stärker als bei Modellen mit kleineren Sensoren spüren. Auf die Lautstärke hat dies ebenfalls einen Einfluss. Je nach Modell und Verschlusskonstruktion kann sich diese jedoch unterscheiden. So gibt es Kameras mit leiseren Verschlüssen und Kameras mit lauteren Verschlüssen.

Damit die Verschlussvorhänge möglichst wenig ihrer Energie auf das Gehäuse übertragen und für Vibrationen („Shutter Shock“) sorgen, werden sie beim Auftreffen gedämpft. Hochwertige Verschlusskonstruktion sollen dafür sorgen, dass trotz der wirkenden Kräfte lange Lebenszeiten erreicht werden. Wie lange ein Verschluss in der Praxis „durchhält“, lässt sich nicht sagen. Für einige Modelle geben die Hersteller jedoch Erwartungswerte an.

Beispielhafte Auslösungszahlen von Systemkameras mit Schlitzverschlüssen:

Kamera

Getestete Auslösungszahl

Canon EOS-1DX Mark III

500.000

Sony Alpha 1, Sony Alpha 9 II, Sony Alpha 7R IV

500.000

Nikon D6, Nikon D5

400.000

Pentax K-1 / K-1 Mark II

300.000

Nikon Z 6/ Z7 (sowie II), Nikon D850, Sony Alpha 7 III

200.000

Nikon D7500, Nikon D780

150.000

Nikon D5600

100.000+

Mechanischer Schlitzverschluss mit erstem elektronischen Verschlussvorhang:
Wer eine Kamera mit Schlitzverschluss besitzt, kennt natürlich deren klassisches Verschlussgeräusch. Bei kurzen Belichtungszeiten ist der Verschluss wegen der schnell hintereinander ablaufenden Verschlussvorhänge nur mit einem „Klacken“ zu hören, bei längeren Belichtungszeiten lässt sich das Geräusch zweimal wahrnehmen. Zumindest so fern die Verschlussvorhänge jeweils mechanisch ablaufen. Dies muss bei modernen Kameras jedoch nicht immer der Fall sein. Viele Modelle erlauben mittlerweile auch das Aktivieren eines ersten elektronischen Verschlussvorhangs. In diesem Fall startet die Belichtung nicht nach dem Ablaufen des ersten Verschlussvorhangs, stattdessen erfolgt die Umsetzung elektronisch. Die Pixel werden hier „genullt“ und äquivalent zum ablaufenden ersten Verschlussvorhang freigegeben. Der zweite Verschlussvorhang läuft dann wie gewohnt mechanisch ab. Dies reduziert das Auslösegeräusch und Vibrationen.

Die Verschlussoptionen bei der Sony Alpha 7R III:

Panasonic hat bei der Lumix GM1 alle Verschlussoptionen in einem Menüpunkt untergebracht:

Der elektronische Verschluss:
Wer völlig lautlos fotografieren möchte, kann dies mit spiegellosen Systemkameras wegen des nicht vorhandenen Spiegels. Dafür ist jedoch zusätzlich auch der elektronische Verschluss zu aktivieren. In diesem Fall wird die Belichtungszeit grob gesagt durch die Pixel selbst gesteuert. Elektronische Verschlüsse sind als Vorteil aber nicht nur leise, anders als mechanische Verschlüsse verschleißen sie auch nicht. Des Weiteren gibt es natürlich keinen Verschlussvorhang, der Verwacklungen oder Vibrationen erzeugt. Die genannten Vorteile haben für die weite Verbreitung des elektronischen Verschlusses geführt, in Smartphones gibt es aus Platzgründen beispielsweise nur elektronische Verschlüsse.

Die Pixel werden bei einem CMOS-Sensor zeilenweise ausgelesen

Besitzer von Systemkameras oder anderen herkömmlichen Kameras sollten sich jedoch nicht blind für den Einsatz des elektronischen Verschlusses entscheiden. Dies liegt an der Auslesetechnik der heutzutage verwendeten CMOS-Sensoren. Deren Pixel können nicht alle auf einmal ausgelesen werden, dies geschieht zeilenweise. Die Folge: Der letzte Pixel eines Bildes wird deutlich später ausgelesen als der erste Pixel. Verändert sich das Motiv währenddessen, kommt es zu Problemen (Rolling Shutter Effekt). Diese sind bei bewegten Motiven als Verzerrungen wahrzunehmen.

Der Rolling Shutter Effekt sorgt bei bewegten Motiven für Verzerrungen:

Bei diesem Bild wirkt sich das langsame Auslesen des Sensors noch extremer aus:

Bei Kunstlicht können abhängig von der Lichtquelle zudem Artefakte in Form von Streifen (Banding) auftreten. Bekannt sind die genannten Probleme unter anderem von Videoaufnahmen, hier nutzen moderne Kameras natürlich immer den elektronischen Verschluss. Des Weiteren gilt es zu beachten, dass bei den meisten Kameras wegen der langsamen Auslesegeschwindigkeit auf den Einsatz eines Blitzes verzichtet werden muss und das Bokeh negativ beeinflusst werden kann.

Bei Aufnahmen mit elektronischem Verschluss kann es bei Kunstlicht zu Banding kommen:

Bei Sensoren mit kürzerer Auslesezeit fallen diese Effekte nicht so stark ins Gewicht, bei Sensoren mit längerer Auslesezeit dagegen deutlich. Mit der eingestellten Belichtungszeit hat dies übrigens nichts zu tun, auch bei 1/2.000 Sekunde (oder kürzer) treten die genannten Nachteile auf. In puncto Verschlusszeit arbeiten elektronische Verschlüsse nicht langsamer als mechanische Verschlüsse, oftmals sind sie sogar schneller. Viele Kameras können mit elektronischem Verschluss bis zu 1/16.000 Sekunde belichten, teilweise ist auch 1/32.000 Sekunde möglich.

Besonders schnell können kleinere Sensoren ausgelesen werden, bei größeren Sensoren und Modellen mit höherer Auflösung werden meistens schlechtere Werte erreicht. Dies gilt jedoch nicht jeden Fall. Sony setzt bei manchen seiner Kameras beispielsweise auf sogenannte Exmor RS-CMOS-Sensoren. Sie verfügen über einen zusätzlichen DRAM-Cache und lassen sich deutlich schneller auslesen. Zu den Modellen mit diesen Bildwandlern gehören unter anderem die neueren Sony Cyber-shot RX100-Kameras sowie die Sony Alpha 9, Alpha 9 II und Alpha 1. Alle drei werden von Sony mit einem Anti-Distortion-Shutter beworben. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit, mit elektronischem Verschluss bewegte Motive ohne Verzerrungen zu fotografieren.

Sony setzt bei seinen Bildwandlern teilweise auf einen zusätzlichen DRAM-Cache:

Die Hersteller geben für ihre Kameras keine konkreten Daten zur Auslesezeit der Sensoren an, diese lassen sich allerdings messen. Die Sony Alpha 7R III kommt als Kamera mit herkömmlichen Exmor R-Sensor (BSI CMOS) auf etwa 1/15 Sekunde bis 1/30 Sekunde, die Sony Alpha 9 als Kamera mit Exmor RS (BSI CMOS mit zusätzlichem DRAM-Cache) auf 1/160 Sekunde. Dieser Unterschied fällt stattlich aus, dementsprechend groß ist die Differenz in der Praxis. Bei der Alpha 1 hat Sony die Auslesegeschwindigkeit nochmals erhöht, als erste Systemkamera erlaubt sie daher auch beim Einsatz des elektronischen Verschlusses das Blitzen.

Der Zentralverschluss:
Bei Kameras mit fest verbauten Objektiven kommen in aller Regel Zentralverschlüsse zum Einsatz. Anders als Schlitzverschlüsse arbeiten Zentralverschlüsse nicht mit zwei Verschlussvorhängen, die Belichtungszeit wird durch mehrere Lamellen wie bei der Blendenöffnung von Objektiven bestimmt. Diese Konstruktion gibt es schon lange, der Verschlussmechanismus wird normalerweise im Objektiv nahe der Blendenkonstruktion verbaut. Zentralverschlüsse arbeiten in aller Regel leiser als Schlitzschlüsse und sorgen auch für deutlich weniger Vibrationen. Des Weiteren lässt sich bei allen einstellbaren Belichtungszeiten mit einem Blitz arbeiten. Als Nachteil werden keine extrem kurze Belichtungszeiten unterstützt, bei Kompaktkameras ist in der Regel bei 1/2.000 Sekunde Schluss. Da die Verschlusszeit zudem von der Größe der Blendenöffnug abhängt, sind bei lichtstarken Objektiven teilweise nur recht lange Belichtungszeiten (1/500 Sekunde oder 1/1.000 Sekunde) möglich.

Ein in der Kamera verbauter Zentralverschluss mit Lamellen bei einer analogen Altix-Kamera:

Welcher Verschluss ist der beste?
Wie so oft gilt, dass sich diese Frage nicht eindeutig beantworten lässt. Jede Verschlussart bringt verschiedene Vor- und Nachteile mit. Da viele Kameras sowohl über einen mechanischen als auch einen elektronischen Verschluss (oft mit zusätzlich wählbarem ersten elektronischen Verschlussvorhang) verfügen, können sich Kamerabesitzer für den optimalen Verschluss entscheiden. Es ist daher sinnvoll – sofern möglich – die Option zur Wahl des Verschlusses auf eine eigene Taste oder zumindest in das oftmals vorhandene Quickmenü zu legen. Danach lässt sich die Verschlussart besonders schnell wechseln. Gut zu wissen: Bei der sehr oft anzutreffenden Option "Auto" nutzt die Kamera den elektronischen Verschluss nur, wenn Belichtungszeiten benötigt werden, die nur mit dem elektronischen Verschluss möglich sind.

Grundsätzlich gilt: Sofern man über eine Kamera nicht im Detail informiert ist, stellt der mechanische Verschluss die beste Wahl dar. Dieser ist zwar hörbar und kann auch für Verwacklungen sorgen, bei der Bildaufnahme macht er jedoch keine Probleme. Der elektronische Verschluss ist dann die erste Wahl, wenn man besonders leise arbeiten möchte – und sich das Motiv weder bewegt noch von Kunstlicht beleuchtet wird.

Die Zukunft des Verschlusses:
Der elektronische Verschluss wurde zuletzt immer weiter verbessert, bei den allermeisten Kameras kann er zum mechanischen Verschluss jedoch nicht aufschließen. Die Lösung heißt: Global Shutter. Bei Sensoren mit Global Shutter-Funktion werden alle Pixel zur gleichen Zeit und nicht nacheinander ausgelesen. Diese Technologie gibt es durchaus schon länger, anzutreffen ist sie aber nur bei Sensoren mit geringer Auflösung oder sehr teuren Bildwandler. Für den Massenmarkt der Fotokameras eignet sie sich daher nicht. Bis Global-Shutter-Sensoren in herkömmlichen Digitalkameras zu finden sein werden, wird daher noch einige Zeit vergehen.

Autor: dkamera.de Redaktion
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