Die besseren Bildwandler: Stacked-CMOS-Sensoren

Der mehrschichtige Aufbau sorgt für zahlreiche Vorteile wie höhere Bildraten

Bildwandler sind das Herzstück einer Kamera und gehören ohne Frage zu den wichtigsten Teilen einer Digitalkamera. Während sie bei älteren Modellen fast nur für die Bildqualität verantwortlich waren, beeinflussen sie bei modernen Kameras wesentlich mehr. In diesem Artikel wollen wir auf einen immer noch recht selten anzutreffenden Sensortyp eingehen: den Stacked-CMOS-Sensor. Davon bekommen Kamera-Interessierte immer wieder zu hören, die tatsächliche Bedeutung dürfte aber nur recht wenigen Fotografen bekannt sein.

Stacked-CMOS-Sensoren sind natürlich schon länger in der Entwicklung, bereits 2012 verkündete Sony, eine Milliarde Euro in den Ausbau der Fertigung von Stacked-CMOS-Sensoren zu investieren. Wie üblich wurde die neue Technik zunächst nicht bei größeren Sensoren genutzt, sondern bei kleineren Bildwandlern. 2014 stellte Sony mit dem IMX230 (21 Megapixel, 1/2,4 Zoll) den ersten Stacked-CMOS-Sensor für Smartphones vor, 2015 führte Sony die Technik bei den Modellen Cyber-shot DSC-RX100 IV und Cyber-shot DSC-RX10 IV ein. Die Sensoren der RX100 IV und der RX10 IV gehören zur 1,0-Zoll-Klasse und messen 13,2 x 8,8mm. Im Vergleich zu Vollformatsensoren fallen sie trotzdem noch wesentlich kleiner aus, ihre Fläche ist etwa 1/7 so groß.

2015 kamen Stacked-Sensoren zum ersten Mal bei Kameras (u. a. der RX100 IV) zum Einsatz:

Schon damals ließ die gestapelte Bauweise aber aufhorchen, denn die neuen Sensoren konnten nicht nur mit sehr hohen Bildraten bei voller Auflösung punkten, sondern auch einem bei bewegten Motiven sinnvoll einsetzbaren elektronischen Verschluss. Zwei Jahre später brachte Sony mit der Alpha 9 die erste Vollformatkamera mit Stacked-CMOS-Sensor auf den Markt, 2021 folgte die Alpha 1. Zudem erweiterte Sony im Laufe der Zeit die RX100-Reihe um neue Modelle, die einen Stacked-CMOS-Sensor besitzen. Auch andere Hersteller setzen mittlerweile auf gestapelte Sensoren, die 2021 vorgestellten Nikon Z 9 und Canon EOS R3 sowie die 2022 angekündigten FujiFilm X-H2S und OM System OM-1 sind ebenfalls mit Stacked-CMOS-Sensoren ausgerüstet. Fast alle Kameras mit Stacked-CMOS-Sensoren heben sich von der breiten Masse durch höhere Preise ab, diese sollte auch auf den wesentlich teureren Sensor zurückzuführen sein.

Der Aufbau eines klassischen BSI-Sensors im Vergleich zu einem Stacked-CMOS-Sensor:

Zum mehrschichtigen Aufbau gehört auch ein zusätzlicher DRAM-Cache:

Technologisch ist ein „gestapelter Sensor“ anspruchsvoller, die Aufteilung der Photodioden und der weiteren notwendigen Schaltkreise bringt jedoch auch Vorteile mit sich. Die anders als bei herkömmlichen Sensoren nicht neben den Pixeln, sondern unterhalb davon liegenden Schaltkreise erlauben vielfältige Optimierungen.

Dazu gehören unter anderem der Einsatz von mehr sowie besseren A/D-Wandlern, unterschiedliche Fertigungsgrößen der einzelnen Ebenen und die Integration eines zusätzlichen DRAM-Speichers. Dieser kann sich auf derselben Ebene wie die Schaltkreise oder einer zusätzlichen Ebene befinden.

Stacked-CMOS-Sensoren lassen sich deutlich schneller als herkömmliche Bildwandler auslesen :

Der mehrschichtige Aufbau eines Stacked-CMOS-Sensors erlaubt neben einem besseren Ausnutzen des Platzes wesentlich kürzere Auslesezeiten. Klassische Bildwandler lassen sich in vielen Fällen in Zeiträumen zwischen 1/10 und 1/30 Sekunde auslesen, bei Stacked-CMOS-Sensoren geht das in 1/150 Sekunde oder sogar noch schneller. Dieser Vorteil ermöglicht nicht nur höhere Bildraten und besser nutzbare elektronische Verschlüsse, die Kamera kann vom Sensor natürlich noch weitere Daten wesentlich schneller bzw. mit einer höheren Rate pro Sekunde geliefert bekommen.

Aktuell werden Stacked-CMOS-Sensoren fast nur bei High-End-Kameras wie der Nikon Z 9 verbaut:

Vorteil 1: Höhere Bildraten
Die Auslesegeschwindigkeit eines Sensors hat natürlich einen entscheidenden Einfluss auf die Bildrate. Sofern ein Sensor nur zehn Mal pro Sekunde vollständig ausgelesen werden kann, sind (bei voller Auflösung) natürlich keine höheren Bildraten als zehn Bilder pro Sekunde möglich. Grundsätzlich gilt, dass Kameras mit Stacked-CMOS-Sensor aktuell die höchsten Bildraten aller Kameras am Markt erreichen:

Kameramodell

Auflösung

Sensorgröße

Bildrate voller Auflösung

Sony Alpha 1

49,8 Megapixel

Vollformat

30 Bilder pro Sekunde

Nikon Z 9

45,4 Megapixel

Vollformat

30 Bilder pro Sekunde

Canon EOS R3

24 Megapixel

Vollformat

30 Bilder pro Sekunde

Sony Alpha 9 / Alpha 9 II

24 Megapixel

Vollformat

20 Bilder pro Sekunde

FujiFilm X-H2S

26 Megapixel

APS-C

40 Bilder pro Sekunde

OM System OM-1

20,2 Megapixel

MFT

120 Bilder pro Sekunde

Sony Cyber-shot RX100 VII

20 Megapixel

1,0 Zoll

90 Bilder pro Sekunde

Unsere Testberichte von Kameras mit Stacked-CMOS-Sensoren: (sortiert nach Veröffentlichung)

Testbericht der Sony Cyber-shot DSC-RX100 IV

Testbericht der Sony Cyber-shot DSC-RX10 IV

Testbericht der Sony Cyber-shot DSC-RX100 V

Testbericht der Sony Alpha 9

Testbericht der Sony Cyber-shot DSC-RX100 VI

Testbericht der Sony Cyber-shot DSC-RX100 VII

Testbericht der Sony Alpha 9 II

Testbericht der Sony Alpha 1

Testbericht der Nikon Z 9

Testbericht der Canon EOS R3

Die Angabe der maximalen Bildrate kann allerdings verwirren. Wie schnell sich ein Sensor auslesen lässt, ist von diversen weiteren Parametern abhängig. Neben der Auflösung spielt hier auch die Bit-Tiefe eine Rolle. Sensordatenblätter, die Konsumenten im Regelfall nicht zu Gesicht bekommen, enthalten daher meistens Informationen zu unterschiedlichen Readout-Modi. Als Beispiel sei hier der Sensor IMX472 von Sony erwähnt. Dieser kann bei voller Auflösung (5.280 x 3.956 Pixel) und 12-Bit Datentiefe 121,0 Bildern pro Sekunde ausgeben. Bei gleicher Auflösung und 10-Bit sind es schon 158,4 Bilder pro Sekunde und bei deutlich reduzierter Auflösung (2.640 x 1.318 Pixel) mit 10-Bit genau 469,8 Bilder pro Sekunde.

Durch die unterschiedlichen Readout-Modi lassen sich die teilweise deutlich höheren Bildraten mancher Kameras bei Videos erklären. Als Beispiel sind hier die RX100-Kameras zu nennen. Die Sony Cyber-shot DSC RX100 V, die allerdings einen anderen Sensor als den oben genannten IMX472 verwendet, kommt bei voller Auflösung beispielsweise auf 24 Bilder pro Sekunde. Bei Videos sind mit reduzierter Auflösung 250, 500 oder 1.000 Bilder pro Sekunde möglich. Während bei 250 Bildern pro Sekunde 1.824 x 1.026 Pixel genutzt werden, sind es bei 500 Bildern pro Sekunde genau 1.824 x 616 Pixel und bei 1.000 Bildern pro Sekunde nur noch 1.244 x 420 Pixel. Diese Unterschiede machen sich bei der Bildqualität natürlich sehr deutlich bemerkbar.

Vorteil 2: (Praktisch) keine Verzerrungen beim Einsatz des elektronischen Verschlusses
Elektronische Verschlüsse gibt es bei Digitalkameras schon länger. Neben dem Vorteil des nicht vorhandenen Verschleißes und der lautlosen Aufnahme müssen bei vielen Kameras jedoch auch mehrere Nachteile in Kauf genommen werden. Dazu gehören das Auftreten von Artefakten bei Kunstlicht und Verzerrungen bei bewegten Motiven (bzw. bei Bewegungen der Kamera). Beide sind auf die langsame Auslesegeschwindigkeit klassischer Sensoren zurückzuführen. Da Stacked-CMOS-Sensoren wesentlich schneller auslesbar sind, treten die genannten Probleme bei Kameras mit mehrschichtigen Sensoren nicht oder nur sehr selten auf. Um die genannten Vorteile in der Praxis zu demonstrieren, haben wir eine Sony Alpha 9 Mark II mit Stacked-CMOS-Sensor und eine Sony Alpha 7R III mit herkömmlichem Sensor bei zwei Motiven verglichen. Das erste Motiv ist eine klassische Produktaufnahme mit künstlicher Beleuchtung. Bei einer Kamera mit normalem Sensor (wie der Sony Alpha 7R III), zeigen sich beim Einsatz des elektronischen Verschlusses und bestimmten Belichtungszeiten (in diesem Fall abweichend von 1/50 Sekunde) wegen der Netzfrequenz von 50Hz deutliche Artefakte. Diese Problematik gibt es bei der Sony Alpha 9 II nicht oder nur in sehr wenigen Ausnahmefällen.

Sony Alpha 7R III: Links elektronischer Verschluss, rechts mechanischer Verschluss:

Sony Alpha 9 II: Links elektronischer Verschluss, rechts mechanischer Verschluss:

Beim zweiten Motiv wurde die Kamera bei der Aufnahme von links nach rechts bewegt. Durch die zeilenweise Auslesung wird bei Kameras mit herkömmlichem Sensor ein deutlicher Rolling-Shutter-Effekt beim Verwenden des elektronischen Verschlusses sichtbar. Dadurch kippt das gesamte Bild nicht nur nach rechts, Motive werden als "weiteres" Problem deutlich verzerrt wiedergegeben. Daher erhält man in diesem Fall statt des eigentlichen runden Thermometers ein eiförmiges. Auch dieses Problem tritt bei einem Stacked Sensor nicht oder nur geringfügig auf.

Sony Alpha 7R III: Links elektronischer Verschluss, rechts mechanischer Verschluss:

Sony Alpha 9 II: Links elektronischer Verschluss, rechts mechanischer Verschluss:

Vorteil 3: Eine präzise Fokussierung und Belichtung
Ein weiterer Vorteil, der meistens etwas zu kurz kommt, ist die präzisere Belichtung und Fokussierung. Diesen Vorteil sollte man aber natürlich nicht verachten, für den Aufnahmeerfolg ist er schließlich sehr entscheidend. Auch für diesen Vorteil ist die höhere Auslesegeschwindigkeit verantwortlich. Dadurch stehen dem Bildprozessor und der weiteren Hardware einer Kamera wesentlich mehr Aufnahme-Informationen zur Verfügung. Als Beispiel schauen wir uns hier die FujiFilm X-T4 ohne Stacked-CMOS-Sensor und die FujiFilm X-H2S mit Stacked-CMOS-Sensor an. Während erstere 20 Bilder pro Sekunde und 40 Fokusberechnungen pro Sekunde bietet, schafft die FujiFilm X-H2S 40 Bilder pro Sekunde und 120 Fokusberechnungen.

Höhere Auslesegeschwindigkeiten wirken sich auch auf den Autofokus aus:

Andere Kameras mit Stacked-CMOS-Sensoren kommen auf ähnliche Werte. Sony gibt für sein Flaggschiff Alpha 1 genau 120 AF/AE-Berechnungen pro Sekunde an, die Sony Alpha 9 bzw. Alpha 9 Mark II kommen auf 60 AF/AE-Berechnungen pro Sekunde. Nikon nennt für die Z 9 ebenfalls 120 Berechnungen pro Sekunde.

Die Entwicklung steht nicht still, weitere Verbesserungen (2-Schichten-Transistor-Pixel) folgen:

Die genannten Vorteile können sich bei der Aufnahme von Bildern und Videos erheblich auswirken, "ausentwickelt" ist die Technologie der mehrschichtigen Sensoren aber bei Weitem noch nicht. Zu Beginn dieses Jahres kündigte Sony unter anderen an, bereits an weiteren Verbesserungen zu arbeiten. Konkret handelt es sich um Stacked-CMOS-Sensoren mit 2-Schichten-Transistor-Pixel. Dadurch soll die maximale Elektronenspeicherkapazität eines einzelnen Pixels verdoppelt, der Dynamikbereich erweitert und das Rauschen reduziert werden können. Diese Vorteile resultieren aus den größeren Verstärkertransistoren im Vergleich zu herkömmlichen Stacked-CMOS-Sensoren. Dies wirkt sich vor allem auf das Rauschen bei wenig Licht positiv aus. Vermutlich wird der neue Aufbau zunächst wieder bei Sensoren für Smartphones zu finden sein und erst später bei größeren Bildwandlern.

Die Zusammenfassung:
Stacked-CMOS-Sensoren kommen bei immer mehr Digitalkameras zum Einsatz, die Gründe dafür sind einleuchtend. Der mehrschichtige Aufbau sorgt für diverse Vorteile und kann den Aufnahme-Erfolg deutlich verbessern. Die Vorteile einer spiegellosen Systemkamera, also die prinzipiell mögliche lautlose Aufnahme und die praktisch unbegrenzt hohe Bildrate (jeweils dank fehlendem Spiegel), lassen sich mit Stacked-CMOS-Sensoren noch besser ausnutzen. Es stellt sich daher nur die Frage, wann Stacked-CMOS-Sensoren auch in Kameras unterhalb der Profi-Klasse (ausgenommen sind die 1,0-Zoll-Modelle) zum Einsatz kommen und nicht, ob dies der Fall sein wird.

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Autor: dkamera.de Redaktion
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